Ellen Demuth Mitglied des Landtages in Rheinland-Pfalz, Mitglied des Kreistages Neuwied, Mitglied des Stadtrates Linz
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Neuigkeiten/ Presse
29.05.2020, 11:05 Uhr
Kulturwandel reicht nicht: Wie wir enorme Leistungen von Frauen besser wertschätzen
Norbert Röttgen (CDU) und Ellen Demuth (CDU), Gastbeitrag für FOCUS online
Bei allem Negativen hat die Coronakrise auch Klarheit gebracht, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. Die Chancen der Pandemie liegen generell darin, nicht einfach zum Alten zurückzukehren, sondern Konsequenzen aus den im Zuge der Pandemie sichtbar gewordenen Schwächen zu ziehen und besser zu werden. Eine Schwäche: Frauen sind im Arbeits- und Wirtschaftsleben oft noch strukturell benachteiligt.
Als sich unsere Gesellschaft und die Wirtschaft in den Lockdown begeben mussten, konnte diese Sicherheitsmaßnahme nicht für alle gelten. Es gab Arbeiten, die selbst im Lockdown oder gerade wegen der Pandemie unverzichtbar waren. So ist für jeden klar ersichtlich geworden, welche Menschen und welche Arbeit für das Funktionieren unserer Gesellschaft unersetzlich sind.

Es waren vor allem Frauen, die unser Land in der Krise am Laufen gehalten haben. Sie sind es, die überwiegend die Arbeiten in der häuslichen Pflege, im Krankenhaus oder an der Kasse verrichten. Sie können nicht ins Home Office. Trotz erhöhtem Ansteckungsrisiko und schlechter Bezahlung haben sie – wie selbstverständlich – weiter unsere Kranken betreut, die Alten gepflegt und uns mit Lebensmitteln versorgt.

Mütter, die die Lücke schließen

Doch damit nicht genug: Viele der mühsam aufgebauten Hilfsstrukturen wie Kita, Babysitter und Großeltern sind Pandemie-bedingt entfallen. Nicht in jedem Einzelfall, aber überwiegend sind es die Mütter, die diese Lücke schließen, indem sie neben Homeoffice zusätzlich das Homeschooling, die Betreuung der Kinder oder die Organisation der Pflege der eigenen Eltern übernehmen. Uns geht es darum, dass wir als Gesellschaft die enorme Leistung dieser Frauen sehen, anerkennen und daraus vor allem auch konkrete Konsequenzen ziehen. Hierin liegt eine große Chance für Deutschland, gerechter zu werden. Es ist eine Chance, für uns als Gesellschaft ein für alle Mal klarzustellen, dass wir auf berufstätige Frauen angewiesen sind und sie für die Arbeit, die sie leisten, angemessen bezahlt werden müssen.  

Auch gesellschaftlich Modernisierungsbedarf

Es sind nicht nur technologisch-wirtschaftliche Fragen wie ein überfälliger Schub in der Digitalisierung des Landes, die wir als Chance der Krise begreifen und ergreifen müssen. Auch gesellschaftliche Aspekte zählen zu unserem unabweisbaren Modernisierungsbedarf. Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie abhängig unsere gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit von besonders einer Gruppe ist – den Frauen. Sie gilt es entsprechend zu stärken.Ein erster Schritt wäre getan, wenn wir die gesellschaftliche Wertschätzung für die von Frauen ausgeführten Arbeiten beibehalten. Es ist schön, wenn sich diese Wertschätzung in der Krise durch freundliche Worte und Gesten ausdrückt. Aber die Anerkennung muss auch nachhaltig sein. Wenn es ganz offensichtlich ohne diese vor allem von Frauen getragenen Berufsgruppen nicht geht, dann brauchen wir einen Kulturwandel, im Zuge dessen wir nicht nur temporär, sondern langfristig den Wert dieser Berufe wieder zu schätzen lernen. Um strukturelle Veränderungen zu erzielen, reicht ein Kulturwandel jedoch nicht aus. Wir müssen auch auf konkrete Veränderungen bestehen. Denn wenn es um Anerkennung von Arbeit geht, spielen Geld und Arbeitsbedingungen eine zentrale Rolle.

Sind Frauen selbst schuld an ihrer Lage?

Der Tatsache, dass Frauen in nicht wenigen Bereichen unserer Gesellschaft und besonders im Arbeits- und Wirtschaftsleben noch immer strukturell benachteiligt werden, müssen wir uns als Gesellschaft stellen. In dem vom World Economic Forum erstellten jährlichen Global Gender Gap Report liegt Deutschland auf Platz 10. Wir finden, damit sollten wir nicht zufrieden sein.

Wir können besser werden. Der Verdienstunterschied von Frauen im Verhältnis zu Männern lag in den vergangenen Jahren immer noch bei 21 Prozent. Das ist die unbereinigte Quote, weil diese die entscheidende ist. Anders als die bereinigte Quote hält sie Frauen nicht vor, selbst schuld an ihrer Lage zu sein, sie hätten ja schließlich statt Krankenschwester Heizungs- und Sanitärtechnikerin werden können. Es kann nicht sein, dass Frauen nur dann besser verdienen, wenn sie typische Männerberufe ausüben. Es geht um die Anerkennung dessen, was Frauen spezifisch in den von ihnen gewählten Berufen leisten. Und wenn es darauf ankommt, dann bringen wir diese Wertschätzung ja in der Regel auch auf. Wir jedenfalls kennen nicht so viele Menschen, die, wenn sie in ein Krankenhaus müssen, gerne von einer Krankenschwester betreut würden, die eigentlich lieber einen anderen Beruf ergriffen hätte. 

Empathie und Zuwendung haben ihren unbestrittenen Wert, aber kaum einen Preis, auch nicht in Tarifverträgen. Hier gilt es anzusetzen, um typische Frauenberufe finanziell und damit auch gesellschaftlich nachhaltig aufzuwerten.

Gleicher Lohn leider keine Selbstverständlichkeit

Man sollte meinen, dass jedenfalls dort, wo Frauen die exakt gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen leisten, gleicher Lohn eine Selbstverständlichkeit und darum die Realität ist. Aber auch davon kann leider nicht die Rede sein. Einen Anspruch auf gleiches Entgelt sucht man im deutschen Recht vergeblich. Das Entgelttransparenzgesetz, das vor rund drei Jahren in Kraft getreten ist, sieht genau diesen Anspruch eben nicht vor, sondern nur einen Anspruch auf Auskunft. Nach den bisherigen Erfahrungen wird man sagen müssen, dass das Gesetz die Erwartungen, die daran geknüpft waren, nicht erfüllt hat. Es muss nachgebessert werden. Im Kern muss es darum gehen, den Anspruch auf gleiches Entgelt festzuschreiben und die Last, sich gegen ungerechte Entgeltstrukturen zur Wehr zu setzen, von den Schultern der einzelnen Frau zu nehmen. Das kann durch strukturelle Transparenzpflichten erfolgen.

Künftig sollten Unternehmen ab 200 Beschäftigten einen Bericht vorlegen, aus dem sich anonymisiert ergibt, welche Funktionen Frauen und Männer im Unternehmen ausüben und wie sie vergütet werden. Wenn ein solcher Bericht nicht erfolgt, trifft das Unternehmen die Beweislast dafür, dass eine unterschiedliche Vergütung zwischen Frau und Mann für dieselbe Tätigkeit gerechtfertigt ist. Wie eklatant die Gehaltsunterschiede sogar bei Spitzenverdienern sein können, hat sich vor einiger Zeit erwiesen, als die BBC in Großbritannien die Gehaltsstrukturen zwischen Frauen und Männern veröffentlichte.

CDU hat Gerechtigkeitsfrage nicht gelöst

Für die CDU Deutschlands bedeutet die geschilderte Lage, dass wir als Partei dabei mitwirken wollen, Deutschlands Chance, gerechter zu werden, zu verwirklichen. Aber sie bedeutet genauso, dass wir als Partei selber diese Chance nutzen sollten. Denn in allen relevanten Bereichen, bei den Mitgliedern, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und bei unseren Wählern, entspricht der Frauenanteil bei weitem nicht dem gesellschaftlichen Anteil der Frauen in Deutschland. Das ist 35 Jahre nachdem Helmut Kohl und Heiner Geißler - anfänglich gegen Widerstände in der Partei - einen Bundesparteitag der CDU durchsetzten, der mit den Essener Leitsätzen ein umfassendes Programm zur gleichberechtigten Teilhabe der Frauen in allen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens beschlossen hat, ein trauriges Bild.

Helmut Kohl und Heiner Geißler wussten, dass die Akzeptanz der CDU bei den Frauen eine Machtfrage ist und sie fanden einen weiblichen Stimmenanteil bei den 18- bis 25-Jährigen von 33 Prozent bei der Bundestagswahl 1980 auf Dauer inakzeptabel. Bei der Bundestagswahl 2017 wählten in der Altersgruppe der 18 bis 24 Jährigen nur noch 22 Prozent der Frauen CDU. Gleichzeitig ist aber hervorzuheben, dass in dieser wie in jeder anderen Altersgruppe mehr Frauen als Männer für die CDU gestimmt haben. Dieses Ergebnis muss uns also einerseits verpflichten und andererseits anspornen, besser zu werden.

Helmut Kohl und Heiner Geißler ging es jedoch um mehr als nur Wahlergebnisse. Sie hatten genauso die eminente Gerechtigkeitsfrage im Blick. Als Grund für den Parteitag nannte Heiner Geißler die „nach wie vor praktizierte Diskriminierung und Benachteiligung der Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft“. Natürlich hat sich in den vergangenen 35 Jahren einiges getan, aber die Gerechtigkeitsfrage ist alles andere als gelöst. Auch machtpolitisch ist die Lage für die CDU heute in dramatischer Weise ernster als damals. Deshalb mag es vielleicht nicht sonderlich originell sein, aber es ist nötig, dass die CDU auf dem ersten Parteitag nach der nächsten Bundestagswahl umfassend frauenpolitische Themen in den Vordergrund stellt und das Gespräch mit Frauen aller Ebenen der Partei und der Breite der Gesellschaft sucht.

Partei der Mitte zu sein, hieß zu allen Zeiten seit ihrer Gründung, dass die CDU sich versteht als eine Partei, die auf der Grundlage ihrer christlichen, liberalen und sozialen Werte für eine moderne Gesellschaft eintritt. In diesem Selbstverständnis sollte die CDU auch in der gegenwärtigen Pandemie die Chancen ergreifen, Deutschland nach vorne zu bringen.

Den Artikel finden Sie HIER online.

Über die Autoren

Norbert Röttgen, 54, ist seit 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Und er ist einer der Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz. Von 2009 bis 2012 war der Jurist aus dem Rheinland Bundesumweltminister.

Ellen Demuth, 37, gehört dem rheinland-pfälzischen Landtag an und ist dort frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Sie ist Mutter einer Tochter.

Norbert Röttgen überraschte FOCUS Online, als er den zugesagten Gastbeitrag mit einer Co-Autorin vorlegte. Ist das ein Signal mit Blick auf seine Ansage im Februar, er werde „wichtige Parteiposten mit Frauen besetzen“, wenn er zum CDU-Vorsitzenden gewählt werde? Wäre Ellen Demuth eine spätere Generalsekretärin für den Fall der Fälle in einer Zeit nach Paul Ziemiak? Röttgen betont: „Sie ist eine Co-Autorin, mit der ich ein gemeinsames Anliegen formuliere“. Der gemeinsame Text sei kein Signal zu „Personalfragen“.